Fertighaus-Welt

Wir haben mal eine Fertighaus-Welt besucht und uns 10 Fertighäuser angeschaut. Am Ende war ich dermaßen frustriert und enttäuscht, dass ich nun unbedingt einen Post schreiben muss, um mich zu beruhigen.

Das hängt damit zusammen, dass ich kein einziges Haus gefunden habe, das für meine persönliche Begriffe ausreichend praktisch (geschweige denn: gemütlich) konzipiert wurde.

Die meisten gezeigten Fertighäuser haben einen Wohnzimmer-Bereich, der von der Fläche her vergleichbar oder größer war, als die Küche oder Essbereich. Wer bitte schön braucht noch im 21. Jahrhundert ein Wohnzimmer!? Was könnte man dort tun? Fernseher schauen? Gibt es echt noch so viele Familien, die regelmäßig Fernseher schauen? Und was schauen sie dort? Nachrichten? Das kann man gut beim Abendessen im Essbereich tun. Fußball? Ebenso im Essbereich, Tisch beiseite schieben, Sandsäcke o.ä. zum sitzen holen. Filme und TV-Serien? Lieber im Schlafzimmer. Was könnte man noch im Wohnzimmer tun? Buch lesen, Musik hören? Wieso kann man es nicht im Schlafzimmer tun? Zocken? Esstisch beiseide stellen, Sandsäcke, loszocken. Eine Party empfangen? Wie oft empfangt man denn pro Jahr eine Party, so dass dafür schätzungsweise 30000€ für einen expliziten Wohnzimmer-Bereich ausgegeben werden soll? Und sind Parties nicht besser draußen auf der Terrasse?

Die nächste Frage: ein Gäste-WC direkt nach dem Eingang. Ich bin bald 40, und in all diese Zeit hat sich bei uns niemals jemand geklingelt, um mal kurz auf die Toilette zu gehen. Also weg damit.

Dann, eine Eckwanne oder Jacuzzi im Badezimmer. Alle Häuser hatten sie ausnahmslos. In einem Haus stand die Badewanne sogar im Schlafzimmer. Hier bin ich extrem subjektiv, aber solche Einrichtungen sind für mich Luxus. Ich habe schon mal in 5-Sterne Hotels übernachtet, die solche große Badewannen gehabt haben. Ich kann mir aber nicht leisten, jedes Mal in einem 5-Sterne Hotel zu übernachten. Wieso soll ich dann diesen Luxus bei mir Zuhause jeden Tag leisten können? Insbesondere wenn es um Fertighäuser geht, wo Menschen doch sehr oft aus der Zielgruppe sind, die sich kein Architektenhaus leisten kann.

Für meine Begriffe, der einzige standfeste Grund, überhaupt eine Badewanne im Hause zu haben (egal wie groß) ist, dass man dort Kleinkinder badet, solange sie sich nicht selber duschen können.

Ja, ja, ich habe schon gehört, wie schön es ist, in der aromatisierten Badewanne sich mal zu entspannen, kann aber nicht sehen, wieso man sich dieses Luxus täglich gönnen können muss? Denn alles, was im Hause steht, sollte auch idealerweise jede Woche benutzt werden. Fürthermare ist um die Ecke und ist viel preiswerter, großer und gesünder als eine Möchte-Gern-Jacuzzi in einem Fertighaus.

Als nächstes kommen die unfassbaren Quadratmeterzahlen pro Person. Das schlimmste war das LUX-Haus, das mit ca. 200qm für nur maximal zwei Personen konzipiert wurde. Hallo? Leute? Wer in einem Schloss wohnen möchte, der kommt doch bestimmt nicht zu euch nach Heßdorf, um sich ein LUX-Fertighaus zu bestellen? Aber auch die anderen Häuser waren nicht deutlich besser. Die meisten Häuser waren für eine Familie aus Eltern und 1 bis 2 Kinder gedacht. Dabei hatten sie ruhig mal um die 200qm Wohnfläche, also durchschnittlich 50qm pro Person. Was soll denn diese Person mit so viel Fläche machen? Go-Kart fahren? Reiten? Putzen müsste man sie aber auf jeden Fall.

Oder auch so: wenn ich es mal wieder mit Hotels vergleiche, würde dieses Verhältnis der Quadratmeter pro Person eher einer Suite entsprechen. Inwiefern wird gedacht, dass jeder, der sich ein Haus bauen möchte, sich es leisten kann, täglich in einer Suite zu wohnen?

Oder noch ein Vergleich. Wieso gelten die gleichen Maßstäbe nicht für die Wohnungen? Eine 4-Zimmer Wohnung für die gleich große Familie hat nur 100qm Wohnfläche. Wieso muss ein Haus plötzlich doppelt so viel Fläche haben? Bloß wenn jemand ein Haus kaufen möchte, heißt doch noch nicht, dass er doppelt so viel verdient, als die Familien, die in einer Wohnung wohnen.

Wir haben ein Mehrgenerationshaus gesucht, zwei Etagen, für zwei Familien, mit 70-80qm pro Familie. Dass wir nichts sofort Passendes finden, war uns schon bewusst. Aber dass die Lage so schlimm ist, dass sich die Einfamilienhäuser nicht ohne viel Aufwand in MGH umwandeln können, habe ich nicht erwartet. Vor allem verstehe ich dann nicht, wieso sie einerseits so viel Fläche haben, und andererseits absolut unflexibel sind? Einige Häuser waren sogar eindeutlich für Kinder von 5 bis 12 Jahren konzipiert. Ab 13 Jahren würde das Kind sein Haus schon extrem hassen, und mit 18 zieht er dann sofort weg. Dann steht die teuer bezahlte und aufwendig gebaute Fläche leer.

Und generell, wieso bezahlen Leute für eine Fläche, die ungenutzt Staub fängt? Nur damit sie sie einmal pro Monat mal für drei Stunden verwenden können? Auf dem Land könnte man es noch verstehen, aber in der Stadt, wo man jederzeit in eine Kneipe um die Ecke, oder in eine öffentliche Bibliothek, oder zum Kino, oder in eine Therme gehen kann?

Ich hege den schrecklichen Verdacht, dass diese Häuser kein Krankenzimmer haben (mit der Ausrüstung einer Intensivstation oder so), nicht weil die Hersteller das etwa nicht gewollt hätten, sondern weil es in Deutschland durch irgendeine Verordnung verboten ist. Sonst hätten sie auch dafür mehr Wohnfläche verschwendet. Denn dann hätte man alles, was so zum Leben gehört, bequem bei sich Zuhause gehabt.

Ein ganz anderer Aspekt, der mich in den Wahnsinn getrieben hat, ist diese ganze Öko-Thematik mit Passivhäuser usw. Leute! Die Grünen haben bei den letzten Bundestagwahlen 8,4% erreicht. Auch wenn es drei Mal mehr Menschen gäbe, für die das Öko-Thema so wichtig ist, dass sie viel mehr Geld dafür bezahlen wollen, wären das trotzdem nur 25% der Bevölkerung. Wieso haben dann 100% der ausgestellten Häuser etwas damit zu tun?

Klar möchte ich in meinem EnEV eine niedrige Zahl sehen, weil die Heizung ins Geld geht. Wer aber ein Fertighaus bauen will, wohnt häufig in den Wohnungen, wo die Zahl 250 kWh/qm·a schon normal ist. Mein Vater wohnt in einem Mietshaus, sie haben gar 350 kWh/qm·a. Da wäre man im Bereich 150 kWh/qm·a bereits superglücklich, und dafür braucht man bloß beim Bau moderne Materialien und Kessel zu verwenden. Was ich nicht möchte sind Lösungen, die sich erst in 10 Jahren rechnen (und nur, wenn die aktuellen Ölpreise stabil bleiben, was sie nicht tun werden). Oder Lösungen, wo man im Winter keine Fenster öffnen darf, weil sonst der Wärmetauscher nicht benutzt wird.

Auch hier verstehe ich, dass ich voll subjektiv bin und dass es viele Menschen gibt, die anderes denken, oder dazu keine Meinung haben. Was mich stört ist, dass die ausgestellten Häuser dieses Thema so einseitig und einstimmig aufgenommen haben, und keiner der Hersteller genug Eier gehabt hat, um zu sagen, ich mach nicht mit. Das riecht bloß zu stark nach der Einheitsbrei der Sowjetunion.

Bei dem Grundriss sowieso. Zwei Häuser von unterschiedlichen Firmen wurden innen identisch geplant. Ich meine, denkt einfach daran, wie wahrscheinlich ist es, dass zwei kreative Menschen unabhängig voneinander zum identischen Grundriss kommen? Nein, in denke in dem Fall hat man einfach das gemacht, was wie man denkt den meisten Menschen gefallen würde. Also etwas auf dem RTL 2 Niveau oder so.

Gut, dass auf dem Gelände ein Archtektenhaus der Firma Huf Haus steht (Nr. 7), wo man den Unterschied zwischen einem durch Planner geplanten und einem durch einen Architekten konzipierten Haus sehr haptisch spüren kann. Da hat man schon seine Wow-Effekte. Ist aber leider schon wieder für einen Luxus-Segment konzipiert worden.

Fazit: ich habe schon einige wichtige Eckpunkte und Erkenntnisse von dem Besuch der Fertighaus-Welt in Heßdorf erhalten, bin aber mit der Gesamtsituation unzufrieden und musste einen Post schreiben, um mich zu beruhigen.

Ohmmmmm.

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