Auto: +6 Monaten

Die Namen Fahrschule und Fahrprüfung sind insofern irreführend, dass sie vermuten lassen, dass man nach dem Bestehen der Fahrprüfung ein fahrtauglicher Autofahrer sein wird. Tatsächlich fängt mit der ersten Fahrt das Lernen vom Autofahren erst an. In der Fahrschule wird nur gerade so viel Kenntnis vermittelt, dass man bei diesem eigenständigen Lernen sich selbst oder die anderen nicht umbringt. In der letzten 6 Monaten habe ich bei praktisch jeder Fahrt etwas neues dazu gelernt. Ich bin ungefähr 7000 km gefahren, meistens zur Arbeit, aber auch Langstrecke nach München, Dresden und Berlin. Ich kann mich jetzt in Stau, im dichten Verkehr, auf super-engen Strassen und in der Nacht mit Regen einigermaßen gut bewegen. Ich bin mir aber sicher, dass ich in den nächsten 6 Monaten nochmals ungefähr so viel lernen werde, denn ich habe z.B. noch nicht auf dem Schnee und nicht in den Bergen gefahren.

Ich finde immer noch komisch wenig Informationsquellen, die den riesigen Informationsumfang darlegen würden, den man selbsständig durch Trial and Error mühsam erlernen muss. Ich habe nur diese Videos von einem Fahrlerner aus Kiew gefunden, wo z.B. solche triviale, aber wichtige Dinge thematisiert werden, welche Fallen es gibt, die zu einer Türbeschädigung führen können, nach welchen Kriterien man sich einen Eiskratzer aussuchen kann, oder in welchen Fällen Totwinkel wirklich gefährlich sein kann.

Natürlich kann man einiges nicht erzählen, das müssen deine Hände und Füsse selbst trainieren. Aber es gibt dort Fälle, die man einem einfach beibringen könnte:

– Linker Fahrspur auf der Autobahn, von hinten nähert sich ein Fahrzeug und deutet unmissverstänlich darauf hin, dass der Spur geräumt werden sollte, rechts gibt es aber noch keine Lücke? Blinker rechts schon mal betätigen, um zu signalisieren, dass du den Spur baldmöglichst freigibst.

– Spurwechsel in der Stau: Blinker betätigen, dann beobachten, wer von den Nachbars sich verlangsamt und dir eine Lücke schafft, zügig die Lücke nehmen und sich dafür bedanken. Falls keiner es freiwillig tut, langsam das eigene Fahrzeug an den Rand eigener Streife bewegen. Ebenso: im Stau den Nachbarspur genauso gut wie den Vorausfahrenden beobachten, die Spurwechsler rechtzeitig erkennen und das Wechseln ermöglichen.

– In Stau, wenn rechts oder links ein Abbiegestreifen anfängt und du stehen musst, schaue in den Spiegel, ob der hinter dir fahrende abbiegen möchte, und wenn ja, im eigenen Streifen möglichst weit nach links bzw. rechts einordnen, damit er noch an dir vorbei kann.

– Im Parkhaus, wenn du selbst in der Durchfahrt bist und ein Auto ausparken möchte und den Gang zurück eingelegt hat, anhalten und ausparken ermöglichen. Dabei nicht langsam heranrollen, damit der Ausparkende nicht unter Druck gesetzt wird.

– Auf der Tankstelle, falls zwei Zapfsäulen hintereinander in einem Durchgang stehen, bis zur hinteren vorfahren, auch wenn die Tankstelle momentan leer aussieht.

– Wenn der Vorausfahrende links abbiegen möchte und viel Gegenverkehr abwarten muss, kann man entweder wie viele Autofahrer unerlaubterweise Gehweg oder Radstreife benutzen. Ich habe aber herausgefunden, dass einfach nur stehen und warten durchschnittlich nur noch 10 Sekunden länger dauert, und ich habe bis jetzt noch keinen hinter mir Fahrenden erlebt, der so arschig gewesen wäre, um mir in diesen Situation zu hupen.

Wenn wir schon von den Ärschen sprechen, hat sich ihre Beschaffenheit mit meinem Fortschritt verändert. Nun werde ich äußerst selten von Dränglern belästigt. Dafür aber umso mehr von den Zu-Früh-Überholern. Ich fahre einem langsamen Fahrzeug hinterher, hinter mir bildet sich eine Schlange. Es gibt keine sichere Möglichkeit zum Überholen und die hinter mir her fahrenden sehen es genau so, denn sie überholen auch nicht. Sobald sich eine Überholmöglichkeit ergibt, schalte ich den Blinker ein und beginne den Überholvorgang, und bemerke in den Rückspiegeln gleichzeitig, dass der hinter mir fahrende ebenso den Überholvorgang gestartet hat. Mir bleibt keine Zeit zum Reagieren, denn ich bin bereits beim Ausscheren. Im besten Fall reagiere ich doch noch und schere wieder ein, oder das Auto hinter mit kommt nur noch gefährlich nah an mich heran. In einem Fall musste der hinter mir fahrende von mir vollständig auf den Gehweg ausweichen. Er hatte Glück, dass es an dieser Stelle keinen Bordstein gab! Dann, statt zu bremsen, hat er sich auch noch beschleunigt, und in der Staub- und Steinwolke auf dem holprigen Gehweg hupfend, hat er uns beide überholt. Ich meine mich zu erinnern, dass in der Theorieprüfung genau diese Situation thematisiert wird, mit der einzig richtigen Vorgehensweise: erst dem Vorausfahrenden das Überholen ermöglichen, dann selber überholen. Insofern müssten diese Fahrern entweder ihre Fahrprüfung zu lange her haben, oder sind einfach nur Ärsche.

Ich bin immer noch der Meinung, dass ich mit meiner Autokamera die Ärsche, die gegen die Strassenverkehrordnung mutwillig, bewusst, eindeutig und gefährlich für die anderen verstoßen, durch ein einfaches Upload von meinem Video auf polizei.de müsste anzeigen können. Leider sind Datenschützer der anderen Meinung. Wer mir in dem nächsten Wahlkampf eine entsprechende Gesetzeänderung verspricht, kriegt meine Stimme (auch wenn er für CSU kandidieren würde).

Ebenso kriegt meine Stimme derjenige, der das Problem mit dem Geschäftsjahr in den Strassenbaubetrieben behebt. In November gab es zwei Wochen, wo ich fast jeden Tag eine neue Strecke zur Arbeit wählen musste, weil täglich neue Baustellen aufgemacht wurden. Insgesamt waren es 8 neue Baustellen, die meine Fahrtzeit momentan um 30% bis 100% verlängern. Wenn man viele Baustellen gleichzeitig aufmacht, bauen sich bei jeden kleinen Verkehrsbehinderung lange Staus. Man braucht eine Budgetierungsregelung, die dafür sorgen, dass Baustellen gleichmäßig über das Jahr verteilt aufgemacht werden und dass möglichst wenig Baustellen gleichzeitig auf sind.

Ich bin darauf gespannt, was mir die nächsten 6 Monate bringen.

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